Chronik: Dampfsägewerk und Holzhandlung Eduard Kraul, 1876-1939

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Diese 1940 mit der Schreibmaschine geschriebene Chronik und einige Bilder wurden als Fotos von der Familie Kraul 1997 dem Archiv Beethovenstraße übergeben. Der Bericht schildert aus Sicht der Familie den Aufstieg vom kleinen Handwerksbetrieb in der Stärkestraße 20A zum Bauunternehmen, Sägewerk und Holzhandel in der Wittekindstraße 26A. Die Aufzeichnungen enden im Jahr 1939.

Die Geschichte des Eduard Kraul, seiner Frau Marie und ihrer Söhne und Enkel ist nicht ungewöhnlich für Linden. Begonnen hat alles damit, dass sich ein zugereister Handwerker in Linden niedergelassen und dort einen kleinen Handwerksbetrieb aufgemacht hat. Die Rolle von Marie Kraul, geb. Garbe wird in der Chronik ausdrücklich gewürdigt. Ohne ihre Mitarbeit im Betrieb hätte Eduard Kraul die Anfangsphase seiner Tischlerei nicht überstanden. Kraul konzentrierte sich auf die Bautischlerei, da mit der Möbeltischlerei kein Geschäft zu machen war. 1889 erfolgte der Umzug in die Rampenstraße. Das Unternehmen expandierte, die Anzahl der Gesellen stieg auf 15 und es wurden moderne, leistungsfähige Holzbearbeitungsmaschinen angeschafft, angetrieben von einem 15 pferdigen Gasmotor. Nachdem auch die Räume in der Rampenstraße nicht mehr ausreichten, kaufte Kraul 1896 das Grundstück in der Wittekindstraße. Es wurde eine Fabrikhalle errichtet und der Maschinenpark erweitert. Der Gasmotor wurde durch eine 30 pferdige Dampfmaschine ausgetauscht, die schon zwei Jahre später durch eine 60 PS Dampfmaschine ersetzt wurde.

Die Firma profitierte vom Bauboom vor der Jahrhundertwende, als ganze Straßenzüge in Linden neu entstanden. Allerdings musste sie auch negative Erfahrungen mit gewissenlosen Spekulanten machen.

Kraul betätigte sich immer häufiger auch als Bauunternehmer. In der damals noch selbständigen Stadt Linden kaufte er Grundstücke und baute ganze Straßenzüge. In dem Text werden genannt: mehrere Häuser in der Nieschlagstraße, dann von der Nieschlagstraße aus gesehen, beide Seiten der Wittekindstraße und die rechte Seite der Davenstedterstraße, der Block Köthnerholzweg, Velberstraße, Ahlemerstraße, ein Teil der Häuser am Lindener Marktplatz, in der Schwalenbergerstraße u.s.w.

Weiter war Kraul maßgeblich beteiligt am großen Umbau der Martinskirche, den Neubauten der Mittelschule am Lindener Berge und des Lindener Rathauses und 1906 am Neubau der Bethlehemkirche.

Mit dem Ersten Weltkrieg brach die Bautätigkeit abrupt ab. Eduard Krauls ältester Sohn Wilhelm, der den Vater bislang unterstützt hatte, wurde 1915 zum Kriegsdienst einberufen.  Kurz nach Kriegsende übergab Eduard Kraul 1919 den Betrieb an seine beiden Söhne Wilhelm und Otto. In der Chronik wird der Buchhalter Battermann besonders herausgehoben, dem zu verdanken sei, dass die Firma die Kriegszeit unversehrt überstand.

Durch Fusion mit der von Otto Kraul betriebenen Holzhandlung Louis Treitel  Nachf. verlagerte sich der Schwerpunkt des Betriebes auf den Holzhandel und das Sägewerk.

1926 feierte die Firma 50-jähriges Jubiläum. Ende des Jahrzehnts verschlechterte sich die Auftragslage rapide, Mitarbeiter mussten entlassen werden. 1933 waren nur vier Mann in Kurzarbeit beschäftigt, die Firma stand vor dem Zusammenbruch.

Der letzte Abschnitt der Chronik beschreibt, wie sich ab 1933 die Auftragslage verbesserte, der Betrieb wieder Mitarbeiter einstellen konnte und neue Maschinen anschaffen musste. Doch nach fünf Jahren begann der nächste Krieg. Dazu heißt es:
Wie schon einmal vor 25 Jahren wurde auch jetzt wieder das Aufblühen durch den Krieg unterbrochen. Und wieder werden die wehrpflichtigen Gefolgschaftsmitglieder zu den Waffen gerufen. Notdürftig wird der Betrieb aufrecht erhalten; vielfach sind an die Stelle der zum Heeresdienst Einberufenen Kriegsgefangene getreten.
(DF)

Urheber: Familie Kraul
Sammlung: Engel / Franke
Zeitliche Einordnung: 1876 - 1939
Ort: Stärkestraße 20 A ; Rampenstraße ; Wittekindstraße 26A ; Nieschlagstraße ; Davenstedter Straße ; Köthnerholzweg ; Velberstraße ; Ahlemerstraße ; Lindener Marktplatz ; Schwalenberger Straße
Personen: Kraul, Eduard; Kraul, Marie geb. Garbe; Kraul, Friedrich; Kraul, Wilhelm sen.; Kraul, Otto; Kraul, Wilhelm, jun.